Milchmädchenrechnung in Blankenfelde-Mahlow

Wir haben in den letzten Wochen gelernt, dass die neuen abknickenden Abflugrouten Richtung Westen der Umfliegung des Ortes Blankenfelde-Mahlow dienen, da dort zu viele Menschen wohnen. Wieviele Einwohner würden denn nun aber durch die neuen Abflugrouten tatsächlich entlastet und wieviele zusätzlich neu belastet?

Die Zahlen beruhen auf  den Einwohnerzahlen, die auf der Webseite der Gemeinde veröffentlicht werden. Wenn nur Teile von Ortsteilen betroffen sind, mussten die Zahlen geschätzt werden.

Die Siedlungsgebiete in Waldblick, Roter Dudel und „Himmel auf Erden“ wurden gezählt. Dort wohnen allein 6.000 Menschen, über deren überwiegend in den letzten 10 Jahren gebauten Häusern nun direkt Flugzeuge fliegen sollen. Es geht dabei um ein Gebiet, das in den Karten der DFS als unbewohntes Gebiet dargestellt wird.

Verteilung der Einwohnerzahlen auf die Gebiete der möglichen Abflugrouten

Die Karte stellt Gebiete mit unmittelbarem Überflug dar, Häuser also, die höchstwahrscheinlich in den Entschädigungsbereich „Aussenwohnbereich“ fallen würden (wobei eine Entschädigung von 4.000 Euro einfach lächerlich ist, in Anbetracht dessen, dass für viele der Aussenwohnbereich nun unbenutzbar werden soll). Die durch die Abknickung der Abflugrouten entlasteten Gebiete sind grün, die neu-belasteteten Gebiete sind rot dargestellt. Im restlichen Gemeindebereich (orange) ändert sich die Belastung kaum.

Um 8.000 Einwohner von Blankenfelde zu entlasten, würden allein innerhalb der Gemeinde Blankenfelde-Mahlow deutlich mehr als 8.000 Einwohner neu durch direkten Überflug in unter 600m Höhe belastet.

Und dabei wurden ausschliesslich die Auswirkungen der abknickenden West-Abflugrouten innerhalb der Gemeinde Blankenfelde-Mahlows betrachtet.  Die neuen Belastungen, die für die Einwohner von Lichtenrade, Birkholz, Teltow, Stahnsdorf, Kleinmachnow und den Süden Berlins entstehen, sowie alle Auswirkungen der neuen Ost-Abflugrouten wurden ausser Betracht gelassen.

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7 Antworten zu Milchmädchenrechnung in Blankenfelde-Mahlow

  1. Lutz Dummann schreibt:

    Vielen Dank für die für diesen guten Artikel mit den angehängten Recherchen

  2. Peter Kreilinger schreibt:

    Was zu ergänzen wäre: Bei Landeanflügen gibt es keine Möglichkeit zum „Abknicken“. Diese werden also zwangsläufig gerade erfolgen und damit die „Entlastungsgebiete“ doch überfliegen. Da dabei die Flughöhen wesentlich niedriger sein werden (300 statt 600 Meter!), ist mit vergleichbarem Lärm zu rechnen. Jedenfalls habe ich noch keine seriöse Zahl gesehen, wonach die Anflüge trotz der geringeren Höhe wirklich spürbar leiser wären. Da bekanntlich jede zweite Flugbewegung ein Anflug ist, hätten die Befürworter der neuen Abflugrouten praktisch kaum gewonnen. Ich verstehe den Ärger der nächsten Betroffenen und die Standortentscheidung ist nur durch Lug und Trug zustande gekommen. Doch was nützt es in der gegebenen Situation nun noch deutlich mehr Gebiete unbewohnbar zu machen. Und vor allem: Was heißt es für unsere Demokratie auf Dauer, wenn keinerlei Verlass auf jahrzehntelang veröffentlichte Pläne ist?

    • Bruchpilot schreibt:

      Sehr geehrter Herr Kreilinger, falls Sie Vergleiche zwischen dem Lärm startender und landender Flugzeuge suchen, so brauchen Sie sich nur die Messwerte der bestehenden Mess-Stationen im Umfeld von Schönefeld anschauen. Z.B. für Blankenfelde sehen Sie ganz deutlich, dass der effektive Lärmpegel bei Ostwind (=landenden Maschinen) um einige dB geringer ist, als bei Westwind (=startenden Maschinen) – gleiche Anzahl von Flugbewegungen vorausgesetzt. Und das trotz der wesentlich geringeren Höhe der landenden Maschinen.

      Hinzu kommt, dass Westwind absolut vorherrschend ist (ungefähr doppelt so häufig wie Ostwind) – und das die wesentlich lauteren, startenden Maschinen wegen der doppelten Höhe auch eine vierfache Fläche verlärmen. Im Raum Blankenfelde-Mahlow geht also bereits heute – und wird auch in Zukunft – der meiste Lärm von startenden Flugzeugen aus. Mindestens ein Faktor 10 gegenüber dem Lärm durch landende Flugzeuge. In größeren Entfernungen vom Flughafen – und somit größeren Flughöhen – kommt dann verstärkt die Schall-Dämpfung durch die Luft hinzu – ca. 5 dB pro 1.000 m bei 1000 Hz (bei niedrigen Frequenzen weniger Dämpfung, bei höheren mehr). Für den Bereich der Havelseen kann dies wiederum bedeuten, dass die landenden Flugzeuge am Boden lauter wahrgenommen werden. Auf jeden Fall aber mit mehr höheren Tönen, als die startenden.

      Es bleibt aber dabei, dass Landungen vom Westen her nur zu ca. einem Drittel der Zeit stattfinden.

  3. Peter Kreilinger schreibt:

    @Bruchpilot:
    Sehr geehrter „Bruchpilot“. Danke für Ihre Hinweise. Die Zahlen des MIL zu den Maximalpegeln startender und landenden Flugzeuge (http://www.mil.brandenburg.de/cms/media.php/lbm1.a.3310.de/PDF%203.pdf) bestätigen Ihre Angaben allerdings nicht. Dort sind bereits bei 500 Metern Höhenunterschied Änderungen von 5db und mehr angegeben. Auch ist für viele Fluggeräte angegeben, dass Landungen in 1000 Metern genau so laut sind, wie Abflüge in 2000 Metern Höhe. In jedem Fall sind die Werte von bis zu 70dB für Landungen in 1000 Metern Höhe erschreckend. Das reist jeden normalen Menschen aus dem Schlaf. Und die Aussage „nur ein Drittel der Zeit“ ist zum einen eine DFS-Ente. Der Durchschnitt der letzten 10 Jahre zeigt 60 zu 40. Zum zweiten kann der Wind jederzeit drehen. Man hat also nicht zwei ruhige und eine laute Nacht, sondern man kann in KEINER Nacht sein Fenster offen lassen. Das ist m.E. extrem belastend. Ich habe deshalb nicht im Ansatz Verständnis, wenn solche „Beruhigungspillen“ nachgebetet werden.

  4. Bruchpilot schreibt:

    Lieber Herr Kreilinger, jetzt fehlt mir aber ds Verständnis, worüber Sie sich gerade aufregen: Ich habe doch geschrieben, dass die Luftdämpfung HINZU kommt, d.h. zusätzlich zur Abnahme der Lautstärke durch die Entfernung. Für Sie als Beispiel: Eine Schallquelle ist durch den doppelten Abstand in 2.000 m Entfernung um 6 dB leiser als in 1.000 m Entfernung. Und obendrauf kommt die Dämpfung durch Absorption in der Luft, die bei einer Frequenz von z.B. 1.000 Hertz, 20 Grad Celcius und ca. 50 % Luftfeuchtigkeit noch einmal ca. 5 dB pro 1.000 Meter ausmacht. Das macht zusammen 11 dB.

    Bei doppelter Entfernung kriegen Sie immer einen Unterschied im Schallpegel von 6 dB, wenn man die Luftabsorption vernachlässigt – egal, ob Sie ein Verhältnis von 500 m zu 1.000 m, eins von 2.000 m zu 4.000 m oder von 5.000 m zu 10.000 m nehmen. Die Luftabsorption wirkt hingegen ungefähr linear mit der Wegstrecke des Schalls durch die Luft (wobei die Dämpfung von Luftdruck, Temperatur, Feuchte und Frequenz abhängt – in 10.000 Meter Höhe gibt es also garantiert eine ganz andere Dämpfung als in Bodennähe).

    Da der mittlere Lärmunterschied eines modernen Flugzeugs zwischen lauterem Start und leiserer Landung bei ca. 10 dB liegt, kommt es eben durch die ca. 11 dB (6 dB durch den doppelten Abstand + 5 dB durch die Luftabsorption) dazu, dass ein landendes Flugzeug in 1.000 m Höhe ungefähr so laut wahrgenommen wird, wie ein startendes in 2.000 m Höhe. Und wenn das startende noch mehr an Höhe gewonnen haben sollte, dann ist das landende am Boden lauter. Bei Höhen von 300 m eines landenden Flugzeugs und 600 m eines startenden Flugzeugs ist hingegen das startende am Boden lauter – hier gibt es 6 dB Unterschied durch den doppelten Abstand, jedoch nur 1,5 dB Dämpfung durch die Schallabsorption bei 1 kHz – macht also gesamt eine höhere Dämpfung von 7,5 dB beim startenden Flugzeug, dass aber ca. 10 dB lauter ist – bleiben als ca. 2,5 dB mehr Geräuschpegel beim startenden.

    In größeren Entfernungen vom Flughafen werden im Schnitt also die landenden Maschinen am Boden lauter als die startenden wahrgenommen, in der Nähe des Flughafens (z.B. in Mahlow oder Bohnsdorf) sind hingegen wegen der geringeren Höhen und damit der geringeren Luftabsorption die startenden lauter als die landenden. Moderne Fluggeräte vorausgesetzt. Alte Klapperkisten, die beim Start extrem lauter sind, weisen größere Lärmunterschiede zwischen Start und Landung auf.

    Ich hoffe, ich habe nicht noch mehr verwirrt – aber etwas Verständnis von alter Schul-Mathematik (Logarithmus etc.) und Physik (Schall) ist Voraussetzung, wenn man das Thema Lärm verstehen möchte, damit man sich nicht sinnlos an der falschen Stelle aufregt.

    Wie groß ist übrigens der Unterschied von 1/3 zu 2/3 gegenüber 40 zu 60? Das erste Verhältnis heißt 33,33333… zu 66,66666… 33,3 weicht nicht einmal um 20 Prozent von 40 ab. Beide Verhältnisse sagen jedoch aus, das es wesentlich mehr Starts in westlicher Richtung gibt, als Landungen aus westlicher Richtung. Da fragt sich nur, welche Zahl genauer die Realität widerspiegelt bzw. in welchem Umfang bei welcher Angabe gerundet wurde.

    • Kleiner Einwand schreibt:

      Auch ich bedanke mich für den Artikel.
      @Bruchpilot
      Ihre Berechnungen werden zwar der Schulmathematik gerecht aber leider nicht der Realität. Leider entsprechen Ihre Annahmen zu Temperatur und
      Luftfeuchte im ersten Absatz nicht dem Klima im Berlin /Brandenburger Raum (und schon gar nicht in 1 bis 2 km Höhe). Es wird erst sehr grob geschätzt und dann genau gerechnet.
      Der Unterschied von 1/3 zu 2/3 ist genau 1/3, bzw. 1/3 ist weniger als die Hälfte und 2/3 mehr als die Hälfte und das ist doch ein gravierender Unterschied, oder? Ich kann Ihrer Aussage im letzten Absatz leider nicht ganz folgen.

  5. Kreilinger schreibt:

    Vielen Dank für Ihre Ausführungen, die einen interessanten Unterschied zwischen der Situation im unmittelbarer Flughafenumfeld und den etwas weiter entfernten Regionen aufzeigen. Ich hoffe, Sie können mir in zwei Punkten zustimmen:
    Die „nur“ von Landeanflügen in 300 Metern Höhe überflogenen Grundstücke werden – ganz abgesehen von der Abgasbelastung – auch lärmmäßig keine zumutbare Situation erreichen. Man ist darauf angewiesen, sich im Haus aufzuhalten und mit Technik (Lüftungsanlage etc.) zu arbeiten. Mir erscheint der Verlust aus der zusätzlichen Belastung weiterer Gebiete, die dann auch zu „Käfigzonen“ werden, höher, als der Gewinn aus der Belastungsminderung. Sicherlich ist das allerdings Ansichtssache und bei meiner Bewertung spielt auch der Gedanke der Vorhersehbarkeit und des Vertrauensschutzes eine Rolle.
    Zweitens belegen Ihre Angaben, dass ich für Gegenden wie z.B. Potsdam mit Recht sage: „Denkt an die Anflüge. Die werden mindestens ebenso belastend.“ Deshalb ist das Denken nur an die Abflüge für viele (die nicht in ganz nächster Nähe sind…) absolut unzureichend.
    Insgesamt muss die Gesamtbelastung deutlich reduziert werden. Und dazu gehört vor allem eines: Ein echtes, strenges Nachtflugverbot von 22.00 – 06.00 Uhr.